Ungeplantes 3D Tetris und starkes Teamwork Made in Germany!

Donnerstag, 31. März 2022

 

Heute war für uns ein sehr erfolgreicher Tag. Zunächst hatten wir vormittags in der Hauptstadt Windhoek einen Termin mit unserer neuen Rechtsanwältin, die uns in allen Fragen zum Grundstückskauf zur Seite stehen soll. Der erste Versuch an einen guten, vertrauensvollen und zuverlässigen Anwalt zu kommen, ist ja letztes Jahr gescheitert. Aber diese Anwältin, sie heißt Beate Loch scheint meine/unsere Anforderungen zu erfüllen. Ich habe mich im Vorfeld per Mail schon ein paar Mal mit ihr geschrieben und mir scheint, dass sie vom Typ her wie ich ist.


Als wir in dem großen modernen Anwaltshaus im Eingangsbereich auf einer großen Ledercouch auf sie warteten und sie wenig später die Tür öffnete und mich locker mit: "Hallo Heike!" begrüßte, bin ich mir sicher, sie ist unsere Anwältin!!! Sie ist eine weiße Namibierin mit deutschen Wurzeln, hat selbst zwei Kinder und spricht fast akzentfrei Deutsch.


Im Besprechungsraum halten wir uns nicht mit unnötigem Smalltalk auf, sondern arbeiten Punkt für Punkt alle wichtigen Fragen zum Grundstückskauf in Namibia ab. Sie ist Anwältin für Grundstücksangelegenheiten. Optimal für uns. Wir erhalten von ihr sehr wichtige Infos, wir machen einen Plan und haben beide das Ziel klar im Auge: der zeitnahe Kauf eines Grundstückes. Das uns bisher, als einziges angebotene Grundstück birgt einige Probleme. Erstens, der Eigentümer steht noch nicht im Grundbuch. Dort ist die Stadt Okahandja noch Eigentümer. Vor 4 Jahren wurde der gesamte Stadtrat nebst Bürgermeister wegen Korruption des Amtes enthoben, 3 Jahre gab es weder Stadtrat noch Bürgermeister und erst seit letztem Jahr wurde neu gewählt und die Stadt ist wieder handlungsfähig. 3 Jahre liegen gebliebene Akten sind so schnell nicht aufgearbeitet. Es kann also sein, dass der Verkäufer das Grundstück vor vielen Jahren erworben, aber er noch nicht umgeschrieben wurde. Beate hat für uns einen Lösungsvorschlag. Zweites Problem, der Verkäufer möchte nur einen Teil des Grundstückes verkaufen. Das bedeutet, wir brauchen einen Vermesser. Aber auch hier gibt es von Beate Lösungsvorschläge. Wie in Deutschland kauft man ein noch zu vermessendes Grundstück, der Kaufpreis wird auf ein Treuhandkonto gelegt und erst ausgezahlt, wenn alle Genehmigungen vorliegen. Morgen treffen wir uns mit dem Eigentümer, da brauchen wir alle von Beate geschilderten Unterlagen. Wir erzählen ihr von unserem Projekt und man merkt, dass ihr die kleinen Vorschulkinder aus den Townships selbst sehr am Herzen liegen. Sie erzählt uns von den Eltern dieser Kinder und wie wichtig es für die Kleinen ist, wenigstens 4-5 Stunden am Tag dem Elend des Elternhauses zu entfliehen. Uns wird aus ihren Darstellungen bewusst, welchen winzigen Beitrag wir doch für diese schutzlosen Kinder leisten können. Beate gibt mir ganz selbstverständlich ihre Handynummer, damit wir sie über die kommenden Tage in Okahandja per WhatsApp informieren können. So jemanden hier Vorort zu haben, fühlt sich gerade an wie ein Sechser im Lotto. Bevor wir nun endlich in den Norden fahren, müssen wir noch Stühle und Tische kaufen. Es werden in unserem Kinderhaus immer mehr Kinder, deshalb brauchen wir diese dringend. Die Suche nach der Metro (Großmarkt) gestaltet sich etwas schwierig, weil uns das Navi ständig verlässt. Um 14.00 Uhr haben wir eine Verabredung mit unserer Hausbaufirma und deshalb etwas Zeitdruck. Fast 1h geht uns bei der Suche verloren. Da wir letztes Jahr schon hier waren, stehen wir recht schnell vor dem Riesenregal mit hunderten Stühlen und Tischen. Wir packen 8 große Tische und 20 Stühle auf zwei Wagen. Meine Schwester hatte mir Geld mitgegeben und davon kaufen wir 4 kleine Plastemopeds!

 

Ein Luxusgegenstand für die Kinder! Das wird die Kinder freuen. Schnell bezahlt und ab ins Auto war der Plan ... aber, Jörg entdeckte auf der Rechnung einen Fehler (man muss hier ständig aufpassen), reklamierte diesen.

Wir hatten es eilig und so schob ich den vollbeladenen, hoch gestapelten Einkaufswagen im Sprint durch die Menschen und Gänge, übersah einen kleinen Absatz und oh weh, der ganze Tischstapel fiel vom Einkaufswagen. Schockstarre! 2 Tische, kurz und klein. Und keine Zeit mehr zum Neukauf. Oh nein, das ist mehr als ärgerlich.

Mit all unserem Eingekauften standen wir nun vor dem geöffneten, schon gut gefüllten Kofferraum. Wie das noch alles unterkriegen? Das 3D Tetris/Puzzle war eröffnet!!! Ich ärgerte mich so sehr über die verloren, gegangenen Tische, dass ich mich beim "Tetrisspiel" zurückhielt. Aber meine 3 Mitreisenden haben es geschafft, wirklich jeden Ritz sinnvoll zu nutzen. Und das Puzzle war geschafft. Noch schnell eine Kleinigkeit gegessen und ab auf die Autobahn.

In unserer Hausbaufirma polycare sind aktuell 5 Mitarbeiter aus unserer Heimat vorort. Sie arbeiten neue Mitarbeiter aus Namibia ein, u.a. ist auch Robert Rösler aus Suhl hier. Robert begleitet schon von Anfang an unser Projekt und war mir schon eine sehr große Hilfe! Das wird er auch an diesem Tage wieder.

Seit Tagen beschäftigt mich das Thema mit unserer Küche. Ursprünglich wollten wir auf offenem Feuer mit Potjes, also ganz traditionell kochen lassen. Aber für so viele Kinder brauchen wir Riesenpotjes, die so schwer sind, dass sie kaum anzuheben sind. Nudelkochen etc. fällt also aus. Deshalb haben Enrico (unser Küchenchef) und ich uns schon davon verabschiedet und die 2. Möglichkeit eines Gaskochers in Betracht gezogen. Normalerweise kein Problem, wenn wir nicht in den Townships wären. Wir können weder den Gaskocher, noch die Lebensmittel in einer Blechhütte über Nacht stehen lassen. Es ist bei all der Armut den Menschen hier nicht zu verdenken, wenn sie, um ihre eigene Familie zu retten, die Lebensmittel und all die Küchenutensilien klauen. Doch wie ist das Problem des sicheren Verschlusses all der wertvollen Sachen zu lösen? Die Idee kam uns im Flieger. Das Prinzip unserer Hausbaufirma beruht auf eine Art Legosystem. Die Steine werden ineinander gesteckt und verschraubt. Man kann also ein Haus bauen und wieder abbauen. Dieses System könnte uns nutzen. Wenn wir aus diesen Legosteinen, eine 3x3m Küche bauen, fest und sicher verschließbar, dann wären wir unser Problem los. Dieses Häuschen könnten wir später auf unser eigenes Grundstück mitnehmen. Das Risiko auf unregistriertem Land ohne Genehmigung so etwas zu errichten, wäre auch gering, weil wir es ja wieder abbauen können. Ok, mit dieser Idee kamen wir zu Robert in die Firma. Das Team Namibia / Deutschland der Firma Polycare stand bereit.






In einem 1h Teamwork Made in Germany planten wir den Bau des Häuschens. Einer kalkulierte die Kosten, der nächste plante die Steinmenge, ein anderer kümmerte sich um ein Fahrzeug, der nächste telefonierte wegen Fenster, Tür und Gitter, ein weiterer stellte die Mannschaft zusammen. Es war einfach toll, so viel Engagement zu erleben. Und irgendwie schien es allen richtig Spaß zu bereiten. Nach 1h war alles klar, kommende Woche bauen wir mal auf die Schnelle (grins) ein Koch-Haus! Alle zu Hause gebliebenen werden Stolz auf uns sein. Das Geld von "Freies Wort hilft" können wir für solche Zwecke gut verwenden. Für die Spender ist ja wichtig, dass das Geld direkt bei den Kindern ankommt und das ist eine sehr gute Investition und dauerhafte Lösung. So können wir für viele Kinder auf einmal Essen kochen! 


Conny und Jörg besichtigen zwischendurch die Firma und Produktion der Steine. Dann endlich fahren wir in den Norden. Es ist schon spät, die Sonne geht bald unter, trotzdem wollen wir noch mal in die Townships fahren und das uns angebotene Grundstück anschauen. Dank Google finden wir es recht schnell, finden den Standort gut und das Wichtigste, es ist registriertes Land. An diesem Abend fahren wir mehr als zufrieden in unsere Unterkunft. Scherzhaft meine ich, meistens folgt nach so einem erfolgreichen Tag ein Tag mit einigem Pech. Jedenfalls war das das letzte Mal so. Und ich hatte recht. Dazu aber morgen mehr.