Mut zum Unerklärlichen! Schwarze Magie oder afrikanischer Zauber?!

Am Samstagmorgen fuhren wir zu dritt (ohne Enrico) in die Townships zur Hütte von Toini. Sie lebt weit draußen, dort wirken trotz der Armut und zusammengeschusterten Blechhütten die kleinen "Vorgärten" und umzäunten Grundstücke sauber und gepflegt. Die Menschen hier haben Bohnen, Mais, Kürbisse und Blumen angebaut. Das habe ich, solange ich hierherkomme, noch nie gesehen. Um 9.00 Uhr trafen wir uns mit Toini. Sie hat sich hübsch gemacht, trägt ein aus Deutschland mitgebrachtes Kostüm und meine ehemaligen Pumps. Toini 1,65 und ich 1,83 haben die gleiche Schuhgröße 42... unglaublich aber wahr. Gemeinsam gehen wir wie durch eine Gartenanlage, so wirken die Blechhütten-areale gerade auf mich, zu einem freien Platz.

 

Wir werden schon erwartet. Unter einem überdachten Freisitz stehen rund 20 Plastikstühle und ein paar Holzbänke. Kein prunkvoller Altar, kein Kreuz, rein gar nichts. Ich bin überrascht. Hier also treffen sich die Menschen aus diesem Teil der Townships. Ich sehe viele bekannte Gesichter.... Mütter mit ihren Kindern, Jungens und Mädels zwischen schätzungsweise 14 bis 18, wenige Männer, der Pastor und ein junger Mann mit schwarzem Anzug und schwarz roter Brille. Er und der Pastor tragen beide rote Samtschuhe. Man bietet uns einen Platz auf den wenigen Stühlen an. Toini erzählte mir, dass der Gottesdienst ca. 2h gehen wird und deshalb stellte ich mich auf 2h des Betens und gemeinsamen Singens ein. Vor den Stühlen ist eine kleine freie Stelle, seitlich stehen die Jungen und Mädchen und kichern ... alle schick angezogen, wenn auch die Mädels doch sehr freizügig... Plötzlich wird es ruhig und aus dem Nichts fängt ein ganz unscheinbares, an der Seite stehendes Mädchen mit einer unglaublich kraftvollen und klaren Stimme anzusingen .... Gänsehaut pur ... kurz darauf steigen die anderen Jungen und Mädchen beim Gesang ein. Es war nicht nur der Gesang, der direkt in meinem Herzen ankam, nein, es war auch das Strahlen der Augen und diese ehrliche, herzliche Freude dieser Menschen. Nicht nur in ihrem Gesang, auch in den Bewegungen ihres Körpers spiegelte sich eine vollkommene Zufriedenheit und Ausgelassenheit wider. Da stehen Menschen vor uns, die kein Geld, keine Zukunft haben und in tiefster Armut leben und zeigen uns, denen es in Deutschland an nichts fehlt, wie einfach man doch fröhlich und ausgelassen sein kann. Einem Gesang folgt der nächste Gesang ... immer verbunden mit Tanz und Ausgelassenheit. Man will uns ganz bewusst zeigen: Wir leben ... wir sind dankbar ... wir können lachen ... wir können Spaß haben ... trotz unserer Situation. Ich weiß nicht, wann uns auf dem Fleck Erde, wo ich wohne, diese Genügsamkeit ans Leben, diese Ausgelassenheit, diese unbeschwerte Fröhlichkeit verloren gegangen ist. Gab es sie jemals? Ich erlebe solche Ausgelassenheit manchmal zu später Stunde der Kermes, wenn der Alkohol die inneren Zwänge der Menschen gelockert hat. Aber hier unter der Sonne Afrikas zeigen uns die Menschen wie einfach es geht auch ohne Alkohol. Als kurz die Gesänge unterbrochen werden, treten zwei Menschen nach vorne. Einer spricht zu den Menschen auf oshiwambo, der andere auf Englisch. Ich brauche ein paar Sekunden bis ich begreife, die englische Übersetzung ist nur für uns, was für eine Ehre. Und noch ein paar Sekunden später bemerke ich, dass es in der Ansprache um uns geht. Man dankt uns, dass wir den Weg zu ihnen auf uns genommen haben, dass wir ihren Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen, sie danken für unsere Geschenke und für den Bau des Kinderhauses. Nach fast jedem Satz rufen beide vor uns Stehenden aus tiefstem Herzen "Halleluja" und alle auf dem Platz antworteten ihnen "Ahmen" manchmal 5 Mal hintereinander. Der Platz füllte sich, immer mehr Menschen gesellen sich zu uns. Danach sangen alle für uns ein Lied. Dieses Lied berührte mich so tief in meinem Herzen, mir liefen die Tränen unaufhaltsam. Als ich neben mich schaute, sah ich auch Conny weinen und auch Jörg kämpfte mit den Tränen. Ich schämte mich, weil es uns so verdammt gut geht und wir all unseren Reichtum nicht mehr zu schätzen wissen. Ist all das Geld, all unsere Häuser, all den Lebensmittelüberfluss den wir haben überhaupt Reichtum? Oder ist das hier der wahre Reichtum des Lebens? Mir gehen tausende Gedanken durch den Kopf. Es folgen weiter getanzte Gesänge im Chor mit immer wieder kurzen, zweisprachigen Predigten, in denen wir immer wieder erwähnt werden. Dazwischen wird gebetet. Dazu heben alle ihre Hände nach oben Richtung Himmel, manche lassen ihre Hände offen, manche machen sie zur Faust. Die Augen werden geschlossen. Jeder betet für sich selbst und das Ganze wird begleitet von einem Gesang einzelner in der Gruppe. Ich wurde von Toini gebeten, doch eine kleine Ansprache zu halten. Und so habe ich mich am Vorabend mit Jörg hingesetzt und eine kleine Rede geschrieben. Diese per WhatsApp an Toini geschickt, damit sie mir diese auf oshiwambo übersetzt. Nun trat ich also irgendwann, inmitten der Zeremonie, nach vorne vor all die lachenden, fröhlichen Menschen. Ich hätte ihnen so viel zu sagen, so viel zu danken, wenn da nicht diese Sprachbarriere wäre. Denn ich bin diesen Menschen sehr dankbar. Sie haben mir schon länger einen anderen Blick auf das Leben gegeben. Sie stecken einen an mit ihrer Unbeschwertheit, ihrer Fröhlichkeit und schenken einem so viele Momente des Glücks! Ich versuche den Menschen mit meiner Rede auf oshiwambo ein wenig Freude zurückzugeben. Sie lachen immer so herzlich, wenn ich versuche, die schwierigen Wörter zu sprechen und freuen sich über die Mühe, die ich mir mache. Das weiß ich. Ein kleiner Beitrag, den Menschen meinen Respekt zu zeigen. Es sind rund 1,5 h um, wir sind ausgelassen, manch ein Mädchen hat sich bei den Tänzen in Ekstase getanzt. Nun werden die Stühle beiseite geräumt. Was jetzt? Die etwas freizügiger angezogenen Mädchen binden sich Tücher um die nackten Beine. Der Pastor legt sich ein Tuch über die Schulter und hat eine Flasche mit Lotion in der Hand. Er geht zu jedem, stellt sich vor ihm, reibt sich selbst und dem Gegenüber die Lotion in die geschlossenen Hände. Alle 4 Hände bilden wie eine Art Knoll, die Augen werden geschlossen, der Pastor betet leise und mit schnellen Worten etwas in diese Hände, dann legt er eine Hand auf die Stirn des Gegenübers. Manch einer tritt danach für einige Sekunden richtig weg. Wau, wie geht das denn? Was passiert da? Ich schwanke zwischen Neugierde und Angst? Wage ich mich das und bitte den Pastor dies auch bei mir zu machen? Ich warte noch. Der andere junge Mann im schwarzen Anzug und den roten Schuhen setzt noch einen obendrauf. Er tritt vor jeden, zwei Männer stellen sich schützend hinter die andere Person, er streift einmal kurz über den Körper des Gegenübers, dann nimmt er dessen Hände, beide schließen die Augen, er brummelt etwas und fängt plötzlich an zu zittern, dann öffnet er die Augen, stupst dem Gegenüber auf die Stirn oder pustet kräftig und manche Personen werden davon ohnmächtig, sind wie unter Hypnose und für viele Sekunden nicht ansprechbar und taumelnd. Die beiden Männer dahinter haben manchmal zu tun, die Person zu halten. Was geschieht hier? Das ist unvorstellbar, als wenn aus den Körpern etwas vertrieben werden sollte ... auf alle Fälle wirken die Menschen danach befreit und zufrieden. Ich schwanke, gucke Conny an und sage, komm los, wir lassen das auch mit uns machen! Zuerst der Pastor, er freut sich über das Vertrauen, was ich ihm schenke ... ich habe schon ein bisschen Angst ... wer weiß, was in der Lotion drin ist .... als ich meine Augen schließe, die Hände des Pastors spüre, wird es mir warm, mein ganzer Körper durchfährt ein warmer Moment, fühlt sich gut an und als er die Hand auf meine Stirn legt, bin ich froh, nicht wie die anderen weggetreten zu sein. Wir sind wahrscheinlich viel zu verklemmt für solche Zeremonien. Auch Jörg und Conny sind mutig und froh, dass es ihnen wie mir ging. Am Ende muss man sich wahrscheinlich auch auf so etwas einlassen können. Dafür war heute nicht der richtige Moment. Nun der andere Mann im schwarzen Anzug ... vor ihm hatte ich mehr Angst. Er ist noch jung, ich schätze Mitte 30 und hat solche Fähigkeiten! Ok ... Augen zu und durch ... ich hatte, während er mich versuchte in diesen Hypnosezustand zu versetzen so viel Angst, dass ich ohnmächtig werde, dass ich vor ihm stand und mir im Kopf immer wieder sagte: ich bin stark, ich falle nicht um ....und was soll ich euch sagen, es hat geholfen ... als ich die Augen öffnete, lächelte er mich mit seinen großen Augen an, als wollte er mir sagen: "So wird das nix!"... Ähnlich bei Conny und Jörg ... hier nun einige Fotos und teilweise sehr lange Videos, aber es war manchmal schwer bei den Videos einfach auf Stopp zu gehen: